[Filmrezension] Carrie
"Geh in deinen Schrank und bete!" - "Nein! Nein, Mama, nein!" - "Bete! Bete für Vergebung!"
Carrie White ist ein Einzelkind und wächst bei ihrer extrem religiösen Mutter Margaret auf. Der streng erzogene Teenager hat Schwierigkeiten, sich in den Schulalltag einzugliedern und Freunde zu finden. Die unsichere und schüchterne Carrie ist ein leichtes Opfer für Schikanen und wird regelmäßig zum Ziel von Hänseleien und Streichen ihrer Mitschüler. Verzweifelt versucht sie, sich zu wehren und entdeckt dabei schließlich, dass sie telekinetische Fähigkeiten besitzt. Mit dieser neuen Macht ausgestattet, scheut sie sich nicht, ihre Kräfte gegen ihre Peiniger einzusetzen. Am Tag des Abschlussballs kommt es schließlich zur Katastrophe: Die Schulkameraden gehen endgültig zu weit und reizen Carrie bis zur Belastungsgrenze. Diese nimmt daraufhin fürchterliche Rache...
MEINE MEINUNG
"Carrie" ist Kult, das kann man wohl so sagen. Ob man nun das Buch gelesen und den Film von 1976 gesehen hat oder nicht - die Geschichte um das Mädchen, das aufgrund der Hänseleien durch ihre Mitschüler ein regelrechtes Massaker begeht, ist bekannt. Die letzte Verfilmung ist von 2002 und war nur für das Fernsehen, dementsprechend waren die Erwartungen an das Remake dieses Jahres hoch, rühmten sich doch die Produzenten mit den Aussagen, den Roman neu zu verfilmen und nicht die Adaption. - Das allerdings war leider eine Lüge.
Chloë Grace Moretz ist definitiv die richtige Besetzung für die Rolle, jedenfalls vom Talent her. Sowohl ihre schüchterne Seite stellt sie sehr glaubwürdig dar, als auch die psychotische, die bei ihren Streits mit ihrer Mutter oder am Ende durchkommt. Allerdings ist sie für die Rolle eigentlich schon zu hübsch, denn mit den großen schönen Augen und den vollen Lippen mag man kaum glauben, dass jemand dieses Mädchen hänselt. Grandios ist Julianne Moore als fanatische Margaret, denn ihr Wahnsinn, aber auch ihre Liebe zu Gott und ihre krankhafte Angst vor allem, was für sie Sünde bedeutet - ich sage nur "dreckige Kissen" als Bezeichnung für Brüste -, kommen in jeder Sekunde wunderbar rüber. Die sonstigen Schauspieler sind allesamt in Ordnung, positiv stechen noch Ansel Elgort als Tommy und natürlich Judy Greer als Sportlehrerin hervor, das restliche Cast ist aufgrund der Präsens der Hauptcharaktere jedoch nicht übermäßig wichtig.
Prinzipiell ist die Geschichte ansonsten auch absolut interessant und bietet einiges an Potenzial - das hier nicht genutzt wird. Das Buch habe ich nie gelesen, aber auch so weiß ich, dass wichtige Dinge ausgelassen oder stark verändert wurden, wodurch das Ganze an Tiefe verliert. Carries Entwicklung vom schwachen, wehrlosen Mädchen zur jungen Frau, die ihre telekinetischen Fähigkeiten bis zur Perfektion beherrscht, geht zu schnell und wird innerhalb von wenigen Szenen abgehandelt, weshalb hier keine Authentizität aufkommt. Und auch die Ausarbeitung der Beziehung zwischen Carrie und ihrer religiösen Mutter fehlt. Es gibt in diesem Zusammenhang einige intensive und grausame Szenen, aber es sind definitiv zu wenige.
Am schlimmsten jedoch ist, dass der Film in der Mitte zu einem lieblosen Drama verkommt. Die Genre-Bezeichung "Horror" ist vollkommen fehl am Platze, wenn überhaupt ist das Ganze ein Teenie-Film mit Mystery-Elementen. Denn bis auf die letzten Minuten wird es nicht richtig heftig, nicht richtig bedrückend, sondern mitunter eher lächerlich. Zugegeben, das Ende ist grandios. Die Effekte sind super und die Tode der Menschen geradezu abartig wunderbar. Es wird blutig, es wird brutal, es wird erschreckend - letzteres aber auch nicht von Grusel-Elementen her. Wäre die kitschige letzte Szene nicht gewesen, die viel zu versöhnlich ist, hätte ich das Ganze möglicherweise besser bewertet - so bleibt es leider dabei, dass der Anfang und das Ende einiges rausreißen, den Film aber dennoch nicht gut werden lassen.
FAZIT
"Carrie" geht, wie schon die vorhergegangene Adaption des Stephen King-Stoffes, nicht wirklich auf den Inhalt des Romans ein, sondern ist weniger atmosphärisch und nur in den Effekten besser. Die Hälfte des gesamten Filmes wirkt eher wie ein Teenie-Drama, und wäre das genial blutige Ende nicht gewesen, ich hätte den Streifen gnadenlos verrissen. So bin ich immerhin "nur" enttäuscht. Wer Interesse hat, sollte sich das Ganze auf DVD ausleihen, die Mitte vorspulen und die letzten Szenen genießen. Von mir gibt es so 3 Punkte.
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