[Buchrezension] Glanz - Karl Olsberg
"Ich bin dir gefolgt, als du dich in den Styx stürztest", sagte Eric mit fester Stimme. "Nun folge du mir." Mit diesen Worten trat er durch die Tür und verschwand in der Finsternis.
Wenn ich ihn nicht schon wieder verlieren wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als seinen Wunsch zu erfüllen. Ich machte einen Schritt und fiel in einen lichtlosen, unendlich tiefen Abgrund. Ich wollte schreien, doch ich hörte meine eigene Stimme nicht. Nur das leise Lachen des brennenden Mannes hallte in meinem Kopf wieder.
Eines Morgens findet Anna Demmet ihren Sohn leblos in seinem Zimmer am Schreibtisch, neben ihm der PC mit einem laufenden Spiel. Im Krankenhaus erfährt Anna, dass Eric im Wachkoma liegt, ausgelöst durch die Droge Glanz, die Gamer nehmen, um die Wahrnehmung zu starten. Aus Verzweiflung nimmt sie daraufhin die Hilfe von Emily an, einer Frau, die behauptet, die Seelen der Menschen berühren zu können. Und tatsächlich - Anna kann in den Kopf ihres Sohnes eindringen und will so nun versuchen, ihn aus der Welt, in der er gefangen ist, zu befreien. Doch je weiter sie vordringt, desto klarer wird es, dass nicht alles so ist wie es scheint...
Die Buchaufmachung:
Das Cover des Taschenbuches ist sehr originell und neugierig machend gestaltet. Das strahlende Gelb-Grün sticht auf dem Schwarz des Hintergrundes sehr hervor, ebenso ist die Schrift, in der der Titel des Buches aufgedruckt ist, und die leicht hervorgehoben ist, sehr gut gewählt. Da aber alles in Grün und Schwarz gehalten ist, passt meiner Meinung nach das Weiß des Autorennamens nicht wirklich.
Meine Meinung:
Die Thematik des Buches wirkte auf mich sehr interessant und neuartig - eine Mutter, die mithilfe einer Frau in die Seele ihres Sohnes einzudringen vermag, um diese zum Tor des Lichts zu führen, dabei allerdings feststellen muss, dass die Sachlage vielleicht doch kniffliger ist als gedacht...Etwas in dieser Art habe ich bisher noch nicht gelesen. Leider denke ich jetzt aber nach der Lektüre nicht unbedingt, dass ich so etwas noch einmal haben muss.
Man könnte sagen, im Grunde wird die Hälfte des Buches ein aufwendiges und zugegebenermaßen gut durchdachtes Computerspiel beschrieben. Anna verschwindet in Erics Kopf, trifft dort auf sein Krieger-Ego, behauptet sich gegen diese Gegner und jene Gegner und wacht wieder auf. Dasselbe Spiel dann bis zu den letzten etwa 60 Seiten immer und immer wieder. Anfangs mag das noch ganz lesenswert sein, aber spätestens nach dem dritten Mal ist man als Leser leider nur noch gelangweilt. Die Kämpfe sind zwar ganz spannend, aber man weiß ja, dass sie durch irgendeine glückliche Fügung gut ausgehen werden. Hier hätte ich mir auf jeden Fall mehr Handlung erhofft, denn Olsberg musste nichts weiter tun, als eine kleine Hintergrundgeschichte um die große Zelebrierung eines nicht mehr nur virtuellen Spiels herum zu erfinden.
Die Figuren wirkten auf mich extrem aufgesetzt und unglaubwürdig. Sie sagen und tun Dinge, bei denen man als Leser nur genervt und fassungslos den Kopf schütteln kann - und den im Koma liegenden Sohn aus dem Krankenhaus zu entführen ist nur eine Sache davon. Natürlich erfährt man letztendlich, dass das alles eigentlich anders war...und trotzdem hilft es nicht darüber hinweg, dass mich die Handlungen und Aussagen der Charaktere die meiste Zeit über total genervt hat.
Anna Demmet ist eine ganz schreckliche Hauptperson. Ihr geht es nur um ihren Sohn und sich selbst, alle anderen sind ihr absolut egal. So interessiert es sie nicht weiter, dass ihre Helferin Emily total entkräftet ist - denn es geht ja um ihren Sohn und da soll sie sich doch mal ein bisschen zusammenreißen! Wenn sie sich wieder so unfassbar grausig aufführte, blieb mir gar nichts anderes übrig, als das Buch zuzuklappen, weil ich es einfach nicht ertrug. Die anderen Figuren sind hauptsächlich willenlos und werden nach Lust und Laune mal hierhin und dorthin geschickt, mal haben sie diese Meinung, mal jene. Kurz, sie waren extrem schemenhaft und schienen nur dazusein, weil das eben dazu gehört.
Die Welten, in denen sich Anna zusammen mit dem Krieger-Eric aufhält und durch die sie sich durchkämpfen müssen, die haben mir wirklich gefallen. Besonders die Stadt des Lächelns, in der sich alle fröhlich verhalten müssen und hinter deren Mauern Tod und Verderben liegt. Das hat mir sehr gefallen und dem Buch einen deutlichen Pluspunkt gegeben, denn in dieser Szene verspürte ich zum ersten Mal wirklich Lust dazu, weiterzulesen.
Dafür wiederholt der Autor allerdings auch andauernd das schon Beschriebene. Jedes dritte Kapitel endet mit "...und sie schlossen den Kreis", was mich irgendwann nur noch genervt hat aufstöhnen lassen. Alle zwanzig Seiten denkt Anna über irgendetwas nach, "vielleicht hatte ich mich aber auch nur getäuscht". Und jedes Kapitel, in dem sie vorkommt, lächelt Maria, Emilys Nichte, traurig. Bei so vielen Wiederholungen habe ich irgendwann einfach keine Lust mehr.
Das einzige, was mir noch sehr gut an dem Buch gefallen hat, war das Ende. Die meisten Stränge werden hier zusammengeführt, auch wenn manche es wohl schon hätten voraussehen können. Manche Fäden wurden aber auch lose in der Luft hängen gelassen - zum Beispiel wird nicht klar, warum nun Dr. Ignacius als brennender Mann angesehen wird - weil er die grausame Realität bedeutet? Das kann Anna doch gar nicht wissen! Das hat mich etwas gestört, ansonsten war ich aber positiv überrascht.
Fazit:
Eine sehr originelle Story mit leider nicht so gelungener Umsetzung. Unausgereifte, nervige Charaktere, endlose Wiederholungen und wenige Überraschungen haben sich das Buch für mich leider ziehen lassen wie Kaugummi. Schade.
Das Buch auf der Verlagswebsite: Klick
Mein Dank für das Rezensionsexemplar!
aufbau-verlag.de |
Schöne Rezi. Das Buch hört sich schon interessant an, aber irgendwie glaube ich, dass ich die Finger doch lieber davon lasse. Diese ständigen Wiederholungen würden mich irgendwann wohl auch nerven
AntwortenLöschen