Back Down to Earth


[Buchrezension] No exit - Daniel Grey Marshall

Ich bin mir immer noch nicht im Klaren darüber, ob das, was ich als Nächstes tat, zu den größten Heldentaten oder zu den größten Boshaftigkeiten meines Lebens gehört. Ich schätze, das hängt davon ab, warum ich es tat, und das weiß ich nicht. Ich könnte sagen, dass ich es um der Wahrheit willen tat, und dann war ich ein Held. Ich könnte sagen, es war Rache, und dann war ich ein besoffenes Arschloch, der eine Familie um seiner selbst willen zerstört. Oder ich sage, ja, ich bin ein besoffenes Arschloch. Und ja, ich bin ein Held.

Inhalt:
Jim ist 15 und hat schon schlimmeres erlebt als andere in ihrem gesamten Leben. Sein Vater ist ein gewalttätiger Alkoholiker, sein Leben verpfuscht, seine Schwester wird immer depressiver. So flüchtet er sich ebenfalls in die Sucht und auch in die Arme seiner Freundin Leslie und seiner Kumpels. Doch eine Katastrophe geschieht und dann ist nichts mehr wie es war...

Buchaufmachung:
Ich weiß nicht, ob ich schonmal ein so nichtssagendes Buchcover gesehen habe. Der Junge mit der anscheinend makellosen Haut sagt einfach nichts über den Inhalt aus und hat auch nichts damit zu tun. Hier wäre richtig viel Spielraum gewesen, weswegen ich sehr enttäuscht bin davon.

Meine Meinung:
"No exit" hat bei Amazon bis auf eine nur 5 Sterne-Bewertungen, weshalb ist sehr, sehr hohe Erwartungen hatte. Doch leider, und das deprimiert mich in diesem Fall geradezu, haben diese sich für mich nicht erfüllt.

Jim ist ein sehr, sehr schwieriger Buchcharakter. Er erzählt seine Geschichte authentisch und bildhaft, bringt manchmal geradezu philosophische Gedanken mit ein und hat eine Kraft, wie sie nur Jugendliche haben können. Diesen Aspekt hat der Autor sehr gut rübergebracht. Allerdings ist er dem Leser durch seine Aktionen und seine Art und Weise auch so fern, dass man sich mit ihm gar nicht identifizieren kann. Und das ist etwas, was mir einfach immer sehr wichtig ist, vor allem, wenn es um solch ein schwieriges Thema geht. Jim kam mir aber einfach partout nicht nahe. Ich konnte nicht mitfühlen mit ihm und das finde ich traurig. Ich fühle mich ganz herzlos dadurch, aber es ist wie es ist - er war mir zu alkoholkrank, zu kaputt und zu abgedreht. 

Genau so sind im Grunde aber auch alle anderen Personen in der Geschichte - kaputt und verloren, die Familien sind zerrüttet oder zumindest scheinheilig. Ich kann normalerweise mit so etwas umgehen, aber hier war es mir zu viel; es war mir zu krass, sodass ich mich vom Geschehen immer weiter entfernt habe. Ich konnte einfach nicht nachvollziehen, warum all diese Dinge passierten. Mir ist klar, dass es genug Gründe dafür gibt, denn Jims Leben und auch das der anderen ist zum größten Teil in keinen guten Bahnen verlaufen. Trotzdem konnte ich mich einfach nicht hineinfühlen.

Marshalls Schreibstil ist sehr wortgewaltig. Ich konnte mir alles perfekt vorstellen, die gesamte Szenerie, die gefährlichen Aktionen, die schrecklichen Familienverhältnisse und die Freundschaft der drei Jungen, die im Grunde nur hält, weil sie niemand anderen haben. Es war erschreckend, darüber zu lesen, besonders in einem solch umschreibenden, bildlichen Stil, der so nahe geht. Denn Jims Gedanken in bestimmten Momenten sind wirklich die wunderschönsten und gleichzeitig auch deprimierendsten Szenen im Buch.

Leider zog sich meiner Meinung nach aber auch vieles unnötig hin. Dadurch, dass ich mich so schlecht mit den Charakteren identifizieren konnte, waren einzelne Szenen einfach langweilig. Ich fand, es musste nicht noch weiter ausgeführt werden, wie schrecklich Jims Leben war, denn das wusste ich schließlich schon seit den ersten 50 Seiten. Es passierte 100 Seiten einfach gar nichts, außer dass sich Jim und seine Freunde betranken und gemeinsam schreckliche Aktionen starteten. Das ist mir zu wenig für einen Plot und hat dafür gesorgt, dass ich einfach keine Lust mehr hatte, weiterzulesen.

Auch das Finale ließ etwas zu wünschen übrig, denn es war sozusagen nur eines von vielen. Die Kurve des Romans holpert stark - es wird spannend, dann sackt es ab, dann wird es spannend, dann sackt es wieder ab. So ging es auch am Ende zu, das im Grunde hauptsächlich aus einer Schießerei mit sehr tragischem Ausgang besteht. Allerdings wird dem Leser hier auch klar, dass all das, wofür es sich anfangs zu kämpfen lohnt, für die Jungen letztendlich nichtig ist. Es zählen keine Regeln mehr, keine Humanität - es geht einfach nur noch um sie selbst. Auch dann, wenn sie dafür alles aufs Spiel setzen. Und das war etwas, das mich persönlich noch einmal sehr stark zum Nachdenken gebracht hat.

Fazit:
Ein erschreckendes Jugendbuch über eine zerrüttete Familie, eine nicht vorhandene Kindheit und eine kaputte Jugend, das allerdings auch einige Längen und für mich keine Identifikation mit den Charakteren aufweist. Schade, ich hatte eigentlich erwartet, dieses Buch zu meinen Lieblingen zählen zu können.


Das Buch auf Amazon: Hier

  3 Kommentare:

  1. Das Thema klingt sehr interessant. Aber dass 100 Seiten lang nichts passiert oder dass man sich nicht mit den Charakter identifizieren kann, klingt weniger überzeugend. Ich setz das Buch mal auf meine Wunschliste und werde mir ein eigenes Bild machen. Die Rezension ist dir wie immer gut gelungen.
    Liebe Grüße, Diti

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  2. Dann hast du leider den Sinn des Buches nicht verstanden mich hat es sehr angesprochen und ich kann es nur weiter empfehlen

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  3. Verstehe auch vieles nicht.
    Die leere die das Cover zeigt, welches du als stumpfes "nichts" beschreibst.
    Zudem super spannend und man kann sich toll hineinversetzen.
    Schade.

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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