[Buchrezension] Der Nachtzirkus - Erin Morgenstern
Nachdem ihr letzter Kunde in den frühen Morgenstunden gegangen ist, holt Isobel ihr Tarot de Marseille aus der Tasche. Sie hat es immer bei sich, obwohl sie für die Sitzungen im Zirkus einen anderen Kartensatz verwendet, einen speziell angefertigte in Schwarzweiß und Grautönen.
Sie zieht eine Karte und weiß schon vor dem Umdrehen, welche es ist. Der vorne abgebildete Engel bestätigt nur, was sie längst vermutet.
Sie steckt sie nicht zu den anderen Karten zurück.
Im Jahr 1873 haben zwei Magier ein Spiel begonnen: Jeder sollte einen Schüler ausbilden, der dann gegen den anderen in einem Wettstreit antritt. Austragungsort ist der Cirque des Rêves, ein geheimnisvoller, wunderschöner Ort voller Geheimnisse. Nun, 20 Jahre später, treffen die beiden Spieler auf einander - und verlieben sich ineinander. Gleichzeitig mit ihren Gefühlen beginnt der Zirkus sich zu verändern, alles geht drunter und drüber. Denn Marco und Celia ahnen noch nicht, dass es nicht nur darum geht, zu gewinnen, sondern auch darum, zu leben...
Buchaufmachung:
Ich besitze viele Bücher mit tollen Umschlaggestaltungen - und dieses hier hat eindeutig eine der schönsten. Das Motiv wurde vom englischen übernommen, was die richtige Entscheidung war. Der Zirkus auf der Hand ist leicht erhaben und fühlt sich [für mich] an wie Stoff, die silbernen Schnörkel um den Titel schauen einfach klasse aus. Ich liebe diese Aufmachung!
Meine Meinung:
Schon im Vorfeld hat "Der Nachtzirkus" für viel Wirbel und vor allem viel Spannung gesorgt, sehnlichst wurde die Übersetzung erwartet. Man hörte sowohl Gutes als auch Schlechtes, daher wollte ich mir unbedingt ein eigenes Bild machen - und muss sagen, momentan weiß ich immer noch nicht genau, was ich nun von dem Buch halte...
Die ganze Geschichte beginnt von Anfang an sehr interessant und geheimnisvoll - mit einem Einleitungskapitel, in dem man mit "Du" angesprochen wird und das ein erstes Gefühl für den Zirkus vermitteln soll. Immer wieder gibt es solche eingeschobenen Sequenzen, die auch am besten gefielen, denn so lernt man immer wieder Zelte kennen und kann diese gewissermaßen erforschen. Die Idee der Story ist absolut interessant und vor allem so neu, dass ich immer noch ganz fasziniert bin. Die Umsetzung sagte mir allerdings nicht ganz zu, auch wenn sowohl der Schreibstil als auch die Beschreibungen traumhaft schön sind.
Erin Morgensterns Stil ist in Sachen Emotionen einfach sehr distanziert und wie aus weiter Ferne. Ich bin mir sicher, dass das einfach ihre Art ist, dennoch verflog dadurch ziemlich viel des Zaubers für mich. Die Gefühle werden erzählt, nicht gezeigt, und ich fühlte mich oftmals außen vor, war gar nicht mittendrin. Außerdem wirkten die Geschehnisse oftmals extrem verwirrend und fast schon anstrengend auf mich, was wahrscheinlich an den vielen Zeitsprüngen liegt. Die Idee, das Ganze aus vielen verschiedenen Sichten in immer wieder verschiedenen Jahren/Monaten zu erzählen, ist sicherlich gut, bewirkt aber auch, dass man sich als Leser total anstrengen muss, um mitzukommen, und das stört einfach beim Lesen.
Die Figuren des Buches waren zum größten Teil sehr undurchschaubar und hoben sich voneinander ab, was mir sehr gefiel. Marco und Celia haben beide einen Lehrmeister, der sie darauf drillt, ihre Magie eigenständig und so gut wie möglich einsetzen zu können. Die Methoden sind sehr ungewöhnlich, mitunter auch grausam, was die beiden sicherlich maßgeblich geprägt hat. Dennoch waren mir beiden die meiste Zeit über zu glatt. Interessant fand ich besonders Schlangenfrau Tsukiko, die im Laufe der Handlung noch eine wichtige Rolle einnimmt, und auch Chandresh, den Gründer des Zirkus, sowie die Murray-Zwillinge, denn all diese Personen strahlen einen gewissen Glanz aus. Der Rest allerdings bleibt die meiste Zeit nicht unbedingt blass, aber krampfhaft auffällig gestaltet und damit definitiv zu steril.
Ein großes Manko ist leider, dass der Roman vom Verlag nicht als das vermarktet wird, was er ist. Die Geschichte beinhaltet keine große Liebesgeschichte voller Gefühl und Liebesschwüre, sondern die Geschichte rund um den Zirkus steht definitiv im Mittelpunkt. Nicht einmal das Messen zwischen Celia und Marco nimmt besonders viel Raum ein, dafür erfährt man bis Seite 300 viel zu wenig über die Umstände. Sowieso geht die meiste Zeit entweder alles zu langsam oder alles zu schnell, was relativ wenig zufrieden stimmt. So lange wird einfach nur von dieser magischen Attraktion erzählt und von jener, hier wird ein Zelt entworfen und dort - und ganz plötzlich lieben sich die beiden jungen Magier und alles geht drunter und drüber. Das ist mitunter alles sehr schwer mitzubekommen.
Zum Ende hin wird es dann noch einmal richtig verwirrend. Vor dem Showdown, der für mich eher weniger wie einer war, führt Wahrsagerin Isobel einige seltsame Gespräche, bei denen ich partout nicht mitkam. Sowieso waren ihre Vorhersagen für mich grundsätzlich nie zu verstehen - hier hätte ich mir sehr viel mehr Informationen gewünscht! Das Ende ist einerseits überraschend, andererseits auch nicht wirklich fesselnd oder gar überragend, speziell ja, aber für mich nicht das Richtige. Wie das Buch, leider. Mich lud der Cirque des Rêves einfach nicht wirklich zum Träumen ein.
Fazit:
Es gibt sicherlich so einige, die Erin Morgensterns "Der Nachtzirkus" lieben werden, ich gehöre jedoch leider nicht dazu. Auf mich wirkte alles viel zu kalt, steril und gefühllos. Die Story ist toll und die Autorin besitzt einen wunderschönen Schreibstil, aber ich wurde einfach nicht mitgerissen. 3 Punkte, weil ich mich ganz gut unterhalten, aber nicht wie mittendrin fühlte.
Das Buch auf der Verlagswebsite: Hier!
Mein Dank für das Leseexemplar!
http://vorablesen.de |
und
http://ullsteinbuchverlage.de |
Schade, dass es dir nicht so sehr gefallen hat. Mich hat dieses Buch irgendwie nie interessiert, deshalb werde ich es auch nicht lesen. Dennoch habe ich deine gut geschriebene Rezi sehr gerne gelesen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße und schönes Wochenende, Diti