[Buchrezension] Cambion Chronicles: Violett wie die Nacht - Jaime Reed
Ich wusste nicht, was ich von diesem Tage halten sollte, oder warum er mich nicht geküsst hatte, oder warum es mir etwas ausmachte, dass er es nicht getan hatte. Aber ich spürte, wie er mich beobachtete, als ich in mein Auto stieg, ausparkte und das Einkaufszentrum verließ. Auf dem kurzen Weg nach Hause fühlte ich es immer noch - das tiefe Violett aus diesen seltsamen Augen, deren Absicht ich nicht kannte. Es war schwer, sich an dieses Gefühl zu gewöhnen und ich wusste nicht, ob ich es wollte.
Obwohl Samara schon anderthalb Jahre mit Caleb in einem Buchcafé arbeitet, fällt ihr in diesem einen Sommer zum ersten Mal auf, wie begehrt er bei den Frauen ist - obwohl er ihrer Meinung nach gar nicht so umwerfend aussieht. Als wüsste er, dass sie sich von den anderen abhebt, beginnt er, sie zu umwerben. Und sie lässt sich darauf ein. Ohne zu ahnen, was er ist und was es mit seinen verwirrenden violetten Augen auf sich hat...
BUCHAUFMACHUNG
Die Farbgebung des Covers ist jedenfalls vom lilafarbenen Hintergrund her äußerst passend zu einem wichtigen Bestandteil des Werkes: Nämlich Calebs violetten Augen. Die Mohnblumen haben zwar nichts mit dem Inhalt zu tun, bilden aber einen tollen Kontrast und machen neugierig. Gemeinsam mit der roten Verzierung am Vorderschnitt ganz sicher ein Hingucker!
MEINE MEINUNG
Das englische Original der "Cambion Chronicles" hat auffallend gute Kritiken erhalten und auch aufgrund des Klappentextes war mir klar, dass ich mir dieses Werk nicht entgehen lassen konnte - frischen Wind kann man in der Romantasy schließlich immer gebrauchen. Und ich darf mit Fug und Recht behaupten: Diesen gibt es hier zuhauf!
Protagonistin Samara erzählt ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive in der Vergangenheitsform und gibt dem Leser so schnell einen guten Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Der Schreibstil ist jugendlich-locker und besitzt durch charmante Kommentare und schöne Beschreibungen etwas ganz Eigenes. Auffallend ist, dass das Buch nicht damit beginnt, dass sich die Hauptfigur Hals über Kopf in einen gefährlich-hinreißenden Schönling verliebt, sondern sich im Gegensatz eher weniger zu diesem hingezogen fühlt und mehr oder weniger genervt ist, was ein wunderbar erfrischendes Flair mit sich bringt.
Sam ist ein starkes und dickköpfiges Mädchen mit einem losen Mundwerk. Sie lässt sich nie sagen, was sie zu tun hat und setzt ihre eigenen Interessen durch, kann sich in andere Menschen aber durchaus einfühlen und ist für diese da. Sie hat eine sympathische, witzige Art, wodurch man sie schnell ins Herz schließt. Einzig und allein ihr Sträuben gegen ihre Gefühle ist hin und wieder ein wenig nervig. Caleb ist im Gegensatz zu anderen männlichen Protagonisten ganz und gar nicht der unnahbare Typ. Geheimnisvoll, ja, aber er spielt kein langwieriges Versteckspiel und sorgt sich vor allem um Samaras Sicherheit. Seine gesamte Art ist so liebenswürdig, dass man gar nicht anders kann, als ihn zu mögen.
Viele der Nebenfiguren wurden ebenso gut charakterisiert wie die Hauptpersonen - allen voran Sams beste Freundin Mia, die viel Geld hat, aber der dieses nicht wichtig ist. Stattdessen führt sie eine On-/Off-Beziehung mit ihrer großen Liebe und ist bei ihren gern geführten Streitereien, aber auch in normalen Gesprächen, sehr unterhaltsam. Ebenso überzeugend ist auch Nadine, eine Kollegin aus dem Café, immerzu griesgrämig und Männern gegenüber äußerst demütigend, aber mit ihre zynischen Sprüchen unschlagbar witzig. Nur einige Charaktere wie Calebs Vater, seine Brüder oder Sams Stiefmutter waren mir aufgrund ihres wenigen Auftretens entschieden zu blass, was sich in den Folgebänden allerdings noch ändern kann.
Die Liebesgeschichte entwickelt sich relativ langsam und ist komplett unkitschig. Sam und Caleb nähern sich langsam an und müssen einige Probleme überwinden, von kleinen Krisen über regelrechte Katastrophen. Dabei verlieren sie sich aber nie in schnulzigen Liebesschwüren, sondern behalten ihre unterhaltsame Art, Gespräche zu führen, bei. Während sie ihn "Kuchenmonster" nennt, ist sie auch gleichzeitig diejenige, die ihn endlich dazu bringt, anzunehmen, was er ist. Die Entwicklung der beiden ist schön zu beobachten und äußerst glaubwürdig umgesetzt, besonders, als sie lernt, sich endlich einmal auf andere Menschen einzulassen. Hinzu kommt die äußerst originelle Storyline, die sich sehr von der vieler anderer Young-Adult-Romanen abhebt und durch interessante Ereignisse immer wieder zu erstaunen vermag.
Natürlich darf der obligatorische Bösewicht nicht fehlen. Diesem wird zwar eine mehr oder weniger psychisch bedingte Motivation angedichtet, dennoch wirkte er auf mich arg klischeehaft und nicht vollständig überzeugend, besonders, da sein Auftauchen nicht wirklich überraschend war. Dafür sorgt er noch einmal für einen Anstieg der Spannungskurve, die schlussendlich in einen fesselnden und actionreichen Showdown mit Kampf und Gewalt mündet - und in einen umwerfend ungeahnten Ausgang. Zwar besitzt das Werk keinen Cliffhanger, dennoch macht das Ende auf jeden Fall Lust auf die Fortsetzung, die ich mir ganz bestimmt nicht entgehen lassen werde!
FAZIT
Band 1 der "Cambion Chronicles" hält tatsächlich, was er verspricht, und kann mit viel Witz, Charme und Originalität punkten. Die Protagonisten sind glaubwürdig und die Liebesgeschichte zum Dahinschmelzen - nur Sams Sträuben gegen ihre Gefühle stört zwischenzeitlich, ebenso wie der Bösewicht nicht komplett überzeugen kann. Dennoch: Den Nachfolger werde ich mir auf jeden Fall zulegen! Knappe 4,5 Punkte.
Titel: Violett wie die Nacht
Originaltitel: Living Violet
Autor: Jaime Reed
Übersetzer: Susanne Schmidt-Wussow
Verlag: Egmont INK
Seitenzahl: 347 Seiten
ISBN-13: 978-3863960322
Bäm, das klingt ja schon wieder hammermäßig gut! Jetzt bin ich wieder neidisch auf dich :P
AntwortenLöschenWenn du erlaubst setze ich es auf die Liste der Bücher, die ich mir gerne von dir ausleihen würde, an die nächste Stelle ;) Muss aber nicht sofort sein, hab noch genug Stoff hier & freue mich erstmal auf "Töchter des Mondes" :)
Liebe Grüße
Lisa
Ich halte ja nicht sehr viel von dem Genre Romantasy, aber was du beschreibst klingt echt gut. Ich dachte schon, dass Buch gehört zu diesen typischen Büchern des Genres, aber scheint ja nicht so zu sein. Das setz ich nun auf jeden Fall auf meine Wunschliste. Ganz toll geschriebene Rezension.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Diti
Hallo Sonne.
AntwortenLöschenWarum denke ich bei Deiner Besprechung nur an "Broke Girls"?! ;-)
Obschon - das Küchenmonster dort hat keine violeten Augen...
bonté
@Lisa:
AntwortenLöschenIst notiert, das Buch erhältst du als Nächstes! Ich könnte mir gut vorstellen, dass dir das ebenso gefällt wie mir, weil es sich in dem Genre einfach so abhebt. Und superwitzig ist! :D Wünsche dir schon mal viel Spaß mit den "Töchtern des Mondes", das du ja wohl hoffentlich jetzt mal beginnst ;)
@Diti:
Vom Cover her könnte man durchaus denken, dass das Buch sich in die lange Schlange einreiht. Ich war auch sehr überrascht! Ist aber alles wunderbar dosiert - kann es nur empfehlen :)
@RoM:
Ich würde sagen, das Kuchenmonster backt die Süßigkeiten auch eher als dass es sie verschlingt ;) Aber eine gewisse Gemeinsamkeit hat es vielleicht indirekt...
Also dieses Buch wanderte jetzt sofort auf die WuLi!! Was du schreibst, klingt wunderbar! Weißt du, wie viele Bände das werden?
AntwortenLöschenAch, ich suche übrigens die "Linna singt" Rezi. Wo isse denn?? :-)
Also das klingt doch SUPER! Ehrlich gesagt habe ich um dieses Buch bisher einen GROSSEN Bogen gemacht. Irgendwie wollte mich der Klappentext nicht ganz ansprechen und ich musste doch gleich an "Splitterherz" denken - was mir ja gefallen hat. Mit anderen Worten: ich dachte es ist mal wieder eine 08/15 Romantasy nach bekanntem Schema. Aber anscheinend doch nicht, wenn ich das hier so lese. Gut, dieses wir-mögen-uns-eigentlich-nicht-oder?-Thema ist jetzt auch nicht wirklich neu, aber ehrlich gesagt mag ich sowas auch lieber lesen, als von der kitschigen Liebe auf den ersten Blick. Also ich öffne dann auch mal bereitwillig meine Wunschliste. :)
AntwortenLöschen@ Damaris:
schaue hier: http://back-down-to-earth.blogspot.de/2012/09/buchrezension-linna-singt-bettina-belitz.html :)
Liebe Grüße
Reni
@Reni, ups, die "Linna singt" Rezi von Sonne ging mir wohl iwie durch die Lappen :-) Danke, für den Link (hach, diese E-Mail-Abo-Funktion ist so praktisch, hihi). :-*
AntwortenLöschen@Sonne, ich geht jetzt mal die LS Rezi stöbern :-)
@Damaris:
AntwortenLöschenDas freut mich sehr, dass ich dir Lust auf das Buch machen konnte! Soweit ich weiß, sind bisher 3 Bände geplant, ich kann mich da aber auch täuschen...Müsste vielleicht mal bei INK nachfragen ;)
Und gut, dass Reni dir schon den Link geliefert hat!
@Reni:
"Splitterherz" habe ich ja bisher noch nicht gelesen, daher kann ich da nicht vergleichen. "Violett wie die Nacht" hebt sich aber durchaus von anderen Jugendbüchern ab und ist vor allem in Sachen Dialoge absolut glaubwürdig! Mir hat's sehr gefallen - hoffentlich liest du es auch bald ;) Wenn du magst, würde ich es dir auch gern ausleihen!