[Buchrezension] Wo die Nacht beginnt - Deborah Harkness
Marcus nahm ihre Finger. Er drückte die Lippen auf ihren Handrücken und blickte ihr dabei tief in die Augen. "Bis morgen. Und schließen Sie gut hinter mir ab. Sie wollen doch nicht in Schwierigkeiten kommen." Dr. Whitmore trat rückwärts aus dem Raum, schenkte ihr ein letztes Lächeln und verschwand leise pfeifend aus ihrem Blickfeld.
Phoebes Hand bebte. Dieser Mann - dieser merkwürdige Mann mit den blendend blauen Augen und den unverschämten Manieren - hatte sie geküsst. An ihrem Arbeitsplatz. Ohne ihre Erlaubnis.
Und sie hatte ihm nicht einmal eine Ohrfeige verpasst, die letzte Waffe wohlerzogener Diplomatentöchter, wenn sie sich unerwünschten Avancen erwehren müssen.
Sie steckte bereits in Schwierigkeiten.
Gemeinsam mit dem Vampir Matthew, ihrem Ehemann, ist die Hexe Diana in die Vergangenheit zurückgereist, um das mysteriöse Manuskript Ashmole 782 in ihren Besitz zu bringen, bevor ihm die ersten drei Seiten entnommen werden können - denn von diesem Buch und den fehlenden Blättern erhoffen sich alle magischen Wesen die Antworten auf ihre existenziellen Fragen. Doch Matthew ist in dem frühen Jahrhundert ein anderer, was nicht nur Schwierigkeiten in ihrer Beziehung mit sich bringt. Und damit nicht genug: Neider, missgünstige Freunde und Feinde drohen ihr Glück zu zerstören...
MEINE MEINUNG
Deborah Harkness konnte letztes Jahr mit ihrem Debüt "Die Seelen der Nacht" triumphieren und eine große Menge an Lesern völlig begeistern, weil sie Wissenschaft und Fantasy mit einer unglaublichen Leichtigkeit verbindet. Mit "Wo die Nacht beginnt" wagt sie sich nun in die Gefilde der Zeitreisen. Erzählt wird die Geschichte dabei wieder aus der Ich-Perspektive von Diana, wobei ab und an ein unterstützendes Kapitel aus der personalen Sicht einer anderen Figur eingeschoben wird. Der Schreibstil ist ebenso flüssig wie im Vorgängerband und kann besonders mit den schönen, detailreichen, aber niemals ermüdenden, Beschreibungen beeindrucken.
Diana ist noch immer eine absolut sympathische Protagonistin, mit der man sich sowohl in den leichten als auch in den schweren Momenten identifizieren kann. Sie ist dickköpfig und mutig, kann aber auch verletzlich und liebevoll sein. Zwischendurch wirkt sie etwas zu gutmütig, darüber kann man aber leicht hinwegsehen. Matthew ist zwar im 15. Jahrhundert in der Tat ein anderer, da er sich, wie damals üblich, Frauen gegenüber oft als Bestimmer sieht, dennoch sieht er seine Fehler ein, was ihn - obwohl er es eigentlich nicht ist - so menschlich macht. Er ist so ein Charakter, dem man einfach alles verzeihen muss und der aufgrund seiner Ecken und Kanten noch liebenswürdiger wird.
Viele der in Band 1 auftauchenden Figuren nehmen im Nachfolger nun eine Statistenrolle ein, dafür lernt man eine Menge neuer Personen kennen - vor allem historische Persönlichkeiten, die noch heute eine Bedeutung haben. So trifft man den etwas chaotischen William Shakespeare sowie den von Eifersucht gequälten Christopher Marlowe, aber auch die Queen selbst kommt nicht zu kurz. Matthews Neffe Gallowglass wurde mir der liebste - etwas gewalttätig und seinem Onkel treu ergeben, aber in erster Linie hilfsbereit und witzig. Alle Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet und nie nur schwarz oder weiß, was wunderbar mitzuerleben ist.
In der Geschichte selbst gelingt es Deborah Harkness wieder mit absoluter Brillanz, Fakten und Fiktion so miteinander zu verbinden, dass sie eine fesselnde, mitreißende Geschichte ergeben. Nicht nur wurde hier zu vielen bekannten Charakteren recherchiert, sondern Gebäude, Umgangsformen und Kleidung werden ebenfalls genau wiedergegeben. Und auch in Sachen Fantasy geht es hier einige Schritte voran - denn nachdem Diana jahrelang durch einen Bann daran gehindert worden war, ihre Kräfte zu gebrauchen, kann sie nun endlich lernen, richtig zu hexen. Dabei kommt sie auch ihrer eigentlichen Bestimmung auf die Spur, einer Bestimmung, die allerdings wieder einige Gefahren birgt. Langeweile? Fehlanzeige!
Obwohl ich ansonsten eigentlich kein Fan von Zeitreise-Geschichten bin - da sich Paradoxa einfach partout nicht vermeiden lassen und daher immer wieder nicht zu beantwortende Fragen auftauchen -, so gelingt es der Autorindennoch wunderbar, einen darüber hinwegsehen zu lassen, weil der Rest so unglaublich stimmig ist. Denn neben den Intrigen, den Gefahren und den phantastischen Elementen kommt auch die Romantik nicht zu kurz. Die Beziehung zwischen Diana und Matthew gestaltet sich zwar schwierig, die beiden halten aber wunderbar zusammen und sorgen weiterhin für einiges Kribbeln. Bis zum Ende bleibt der Spannungsbogen kontinuierlich oben, dann endet das Werk in einem offenen, aber nicht zu reißerischen Schluss, nach dem man am liebsten sofort weiterlesen würde - gerade weil es eben kein Cliffhanger ist, jedoch noch wichtige Fragen beantwortet werden müssen. Jetzt heißt es: Warten auf Band 3!
Diana ist noch immer eine absolut sympathische Protagonistin, mit der man sich sowohl in den leichten als auch in den schweren Momenten identifizieren kann. Sie ist dickköpfig und mutig, kann aber auch verletzlich und liebevoll sein. Zwischendurch wirkt sie etwas zu gutmütig, darüber kann man aber leicht hinwegsehen. Matthew ist zwar im 15. Jahrhundert in der Tat ein anderer, da er sich, wie damals üblich, Frauen gegenüber oft als Bestimmer sieht, dennoch sieht er seine Fehler ein, was ihn - obwohl er es eigentlich nicht ist - so menschlich macht. Er ist so ein Charakter, dem man einfach alles verzeihen muss und der aufgrund seiner Ecken und Kanten noch liebenswürdiger wird.
Viele der in Band 1 auftauchenden Figuren nehmen im Nachfolger nun eine Statistenrolle ein, dafür lernt man eine Menge neuer Personen kennen - vor allem historische Persönlichkeiten, die noch heute eine Bedeutung haben. So trifft man den etwas chaotischen William Shakespeare sowie den von Eifersucht gequälten Christopher Marlowe, aber auch die Queen selbst kommt nicht zu kurz. Matthews Neffe Gallowglass wurde mir der liebste - etwas gewalttätig und seinem Onkel treu ergeben, aber in erster Linie hilfsbereit und witzig. Alle Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet und nie nur schwarz oder weiß, was wunderbar mitzuerleben ist.
In der Geschichte selbst gelingt es Deborah Harkness wieder mit absoluter Brillanz, Fakten und Fiktion so miteinander zu verbinden, dass sie eine fesselnde, mitreißende Geschichte ergeben. Nicht nur wurde hier zu vielen bekannten Charakteren recherchiert, sondern Gebäude, Umgangsformen und Kleidung werden ebenfalls genau wiedergegeben. Und auch in Sachen Fantasy geht es hier einige Schritte voran - denn nachdem Diana jahrelang durch einen Bann daran gehindert worden war, ihre Kräfte zu gebrauchen, kann sie nun endlich lernen, richtig zu hexen. Dabei kommt sie auch ihrer eigentlichen Bestimmung auf die Spur, einer Bestimmung, die allerdings wieder einige Gefahren birgt. Langeweile? Fehlanzeige!
Obwohl ich ansonsten eigentlich kein Fan von Zeitreise-Geschichten bin - da sich Paradoxa einfach partout nicht vermeiden lassen und daher immer wieder nicht zu beantwortende Fragen auftauchen -, so gelingt es der Autorindennoch wunderbar, einen darüber hinwegsehen zu lassen, weil der Rest so unglaublich stimmig ist. Denn neben den Intrigen, den Gefahren und den phantastischen Elementen kommt auch die Romantik nicht zu kurz. Die Beziehung zwischen Diana und Matthew gestaltet sich zwar schwierig, die beiden halten aber wunderbar zusammen und sorgen weiterhin für einiges Kribbeln. Bis zum Ende bleibt der Spannungsbogen kontinuierlich oben, dann endet das Werk in einem offenen, aber nicht zu reißerischen Schluss, nach dem man am liebsten sofort weiterlesen würde - gerade weil es eben kein Cliffhanger ist, jedoch noch wichtige Fragen beantwortet werden müssen. Jetzt heißt es: Warten auf Band 3!
FAZIT
Deborah Harkness gelingt es auch im 2. Band ihrer "All Souls"-Trilogie, "Wo die Nacht beginnt", wissenschaftliche Fakten, Fantasy und Romantik zu einem wahnsinnig spannenden, fesselnden und mitreißenden Roman zu verbinden. Zwar kann auch sie die Zeitreise-Paradoxa nicht auslöschen - das Phänomen erklärt sie aber so glaubwürdig, dass man darüber gern hinweg sieht, und die wunderbaren Charaktere überwiegen diesen Aspekt außerdem. Daher 5 Punkte und eine dringende Empfehlung!
Deborah Harkness gelingt es auch im 2. Band ihrer "All Souls"-Trilogie, "Wo die Nacht beginnt", wissenschaftliche Fakten, Fantasy und Romantik zu einem wahnsinnig spannenden, fesselnden und mitreißenden Roman zu verbinden. Zwar kann auch sie die Zeitreise-Paradoxa nicht auslöschen - das Phänomen erklärt sie aber so glaubwürdig, dass man darüber gern hinweg sieht, und die wunderbaren Charaktere überwiegen diesen Aspekt außerdem. Daher 5 Punkte und eine dringende Empfehlung!
Titel: Wo die Nacht beginnt
Originaltitel: Shadow of Night
Autor: Deborah Harkness
Übersetzer: Christoph Göhler
Verlag: Blanvalet
Seitenzahl: 800 Seiten
ISBN-13: 978-3764504670
Ich fand das Buch auch total klasse und freue mich jetzt schon auf das Finale. Leider dauert das noch sooo lange...
AntwortenLöschenLG Petra
Servus, Sonne.
AntwortenLöschenWie ich finde, bergen speziel Zeitreise-Geschichten nicht wenig an interessanten Erzählperspektiven. Vergleichbar mit Alternativ-Historie oder Parallel-Welten.
Aber ich schweife zusehr in die SF ab - rein zufällig. ;-)
Die Passionsblume auf dem deutschen Cover ist ein gelungener Eyecatcher - definitiv!
Gute Lektüre, wie mir scheint. In Deinem Zimmer wird wohl wieder jemand glücklich gewesen sein.
bonté
@fantasticbooks:
AntwortenLöschenIch kann dir nur vollkommen recht geben - ein tolles Buch, aber diese Wartezeiten sind schlimm :D Ich hoffe, uns beiden gefällt Band 3 dann so gut wie die Vorgänger!
@RoM:
Zeitreisen sind definitiv ein interessantes Phänomen, mit dem ich es immer wieder versuche, obwohl ich mich dann über die Unstimmigkeiten aufrege und nur selten überzeugt bin [hier und in "Looper" war das ausnahmsweise mal anders]...
Die Cover der Romanreihe finde ich ebenfalls sehr schön, wenn sie auch nicht wirklich passen, da die Blumen nicht im Buch vorkommen - aber das ist ja kein Kritikpunkt und es hat mir auf jeden Fall sehr gefallen, wohl wahr ;)