[Buchrezension] Dead End - Sharon Bolton
"Und was studierst du?", wollte ich wissen und rechnete mit Psychologie oder Soziologie oder dergleichen. Talaith (Tox) hatte ziemlich gründliche Kenntnisse der menschlichen Psyche an den Tag gelegt.
"Luft- und Raumfahrttechnik", antwortete sie und lachte dann über meinen Gesichtsausdruck. "Ich bin ein Genie."
Ich musste auch lachen, und wir sagten Gute Nacht.
Das war die Nacht, in der die Träume anfingen.
Selbstmorde sind an Universitäten nichts Ungewöhnliches - das, was sich jedoch seit 5 Jahren in Cambridge abspielt, widerspricht jeder Statistik. Insgesamt 19 Selbstmorde und 10 Versuche, davon die meisten Frauen. Die Psychologin Evi Oliver wendet sich an die Polizei, und auf ihr Drängen hin wird die junge Lacey Flint als Lockvogel eingesetzt, um herauszufinden, was dahintersteckt. Doch dann geschehen auch ihr seltsame Dinge, und sie weiß, dass sie nicht mehr lange Zeit hat...
MEINE MEINUNG
Sharon Bolton ist eine gefeierte Thriller-Autorin, und mit ihrer Reihe um Lacey Flint und Mark Joesbury hat sie sich wieder einmal in die Herzen der Fans geschrieben. "Dead End" ist hierbei bereits der 2. Band, aber auch ohne Vorkenntnisse [wie es bei mir der Fall war] sind die Zusammenhänge sehr gut zu verstehen. Geschrieben ist der Roman hauptsächlich aus der Ich-Perspektive von Lacey Flint, zwischenzeitlich kommen aber auch andere Figuren zu Wort. Erzählt wird die Geschichte dabei von hinten nach vorne, nur die letzten Kapitel spielen also in der jetzigen Zeit und auch im Präsens.
Lacey ist eine absolut sympathische Protagonistin mit einem Hang zur Dickköpfigkeit und viel Mut, aber auch dunklen Geheimnissen und Ängsten. Sie ist vorlaut, frech und kämpferisch, dabei allerdings trotzdem recht bodenständig und in ihrer Art eine Figur, die man gern verfolgt. Mark Joesbury ist ihr Vorgesetzter und gleichzeitig ihr Schwarm, wenn man das in Verbindung mit ihr sagen kann. Er ist eher rau und manchmal direkt unfreundlich, macht sich jedoch definitiv Sorgen um sie und wird mit seiner unkonventionellen Art schnell ins Herz geschlossen. Auch die übrigen Figuren, insbesondere die Psychologin Evi, sind perfekt ausgearbeitet und überzeugen mit ihrer Vielschichtig- und Lebendigkeit.
So gelingt es Sharon Bolton schnell, den Leser mit den Charakteren vertraut zu machen und völlig in ihr Werk eintauchen zu lassen. Nicht nur der Fall rund um die Selbstmörder an der Universität lässt einen im Dunklen tappen, auch Laceys Vergangenheit selbst ist sehr mysteriös und geheimnisvoll. Nur wenige Details ergeben sich hier, diese werden aber wohl noch ausgebaut. Die Story selbst ist glaubwürdig angelegt und, obwohl sie zwischenzeitlich fast schon übersinnlich erscheint, am Ende doch komplett erklärbar. Dabei lässt auch die Spannung nicht zu wünschen übrig - durch die vielen Fragen und wenigen Antworten ergibt sich ein wunderbares Rätselraten, das einen bis zum Ende kaum noch zu Atem kommen lässt.
Geschickt werden Vergangenheit und Gegenwart miteinander verknüpft, ebenso wie die persönlichen Beziehungen der Figuren einfließen, aber nie dominieren. Ich bin normal kein Fan davon, wenn sich der Protagonist selbst in die Geschichte hineinziehen lässt und am Ende in Gefahr schwebt, hier wurde dies aber perfekt inszeniert und glaubwürdig dargestellt. Einige Lösungen, die es zum Ende hin dann gibt, konnten durchaus vermutet werden, andere wiederum sind völlig überraschend, weshalb es auch dann keine Verschnaufpause gibt. Und nach dem spannungsgeladenen, angenehm emotionalen Schluss bleibt nur noch eines - das Warten auf Band 3!
FAZIT
"Dead End" ist der 2. Band der Reihe um Lacey Flint und Mark Joesbury von Sharon Bolton, kann aber auch als Einstieg gelesen werden. Nach diesem mitreißenden, ausgeklügelten und begeisternden Lese-Erlebnis werde ich mir den 1. Teil jetzt jedenfalls zulegen und auf den 3. hinfiebern. Meine Empfehlung! 5 Punkte.
Originaltitel: Dead Scared
Reihe: Lacey Flint
Autor: Sharon Bolton
Übersetzer: Marie-Luise Bezzenberger
Verlag: Manhattan
Seitenzahl: 432 Seiten
ISBN-13: 978-3442547159
Grüß Dich, Sonne.
AntwortenLöschenEin who-done-what? wie mir scheint. Treibt also ein Buch, eine Räumlichkeit, ein Bösegeier die Studentinnen in die Verzweifelung?!
"Fieserweise" kennst Du die Antwort ja schon. :-)
Du schätzt bei Thrillern demnach mehr die aktiven Protagonisten, die dem Rätsel von außen her beikommen. Ziehe ich im Fall der Fälle auch vor; verspricht die größere Sicherheit auf Gerechtigkeit.
Vermutlich sind Krimis per se deshalb so beliebt, weil das Verbrechen innerhalb der Laufzeit oder zwischen den Buchdeckeln aufgeklärt wird. Die Bestätigung, daß es Gerechtigkeit gibt, sozusagen.
bonté
@RoM:
AntwortenLöschenNun ja, wäre ja unschön, die Antwort irgendwo zu verraten - kannst das Buch ja selbst einmal lesen ;) Ist jedenfalls ein schönes Rätselraten!
Ich wüsste jetzt gar nicht, was es sonst für Protagonisten in Thrillern geben sollte, wenn nicht die, die das Ganze aufklären O.o Ich meine, sonst gäbe es ja am Ende keine Auflösung, das wäre ja nicht Sinn der Sache :D Oder hab ich jetzt was falsch verstanden?
...ich beziehe mich da auf Deine Aussage, daß Du es bei Thrillern weniger schätzt, wenn die Hauptfigur den Unbilden der bisherigen Opfer ausgesetzt wird ("...in die Geschichte hineinziehen läßt...).
AntwortenLöschenAlso lieber:
"DCI Smith! Und das ist DI Jones. Wir ermitteln in dem Fall MacPatrick."
Mein erster Absatz war übrigens ein gut getarntes Lob an Deine Fähigkeit Interesse für ein Buch zu wecken... :-)
bonté