Back Down to Earth


[Buchrezension] Die Zeitspringer Saga: Die achte Wächterin - Meredith McCardle

"Deine Mission ist ganz einfach. Komm zurück. Dein Startpunkt ist auch dein Endpunkt."
"Das verstehe ich nicht", protestiere ich, aber da wirbelt er mich auch schon herum und stößt mich durch die Tür. Sie fällt hinter mir ins Schloss, und plötzlich dreht sich der Raum um mich so schnell, dass ich nicht mehr weiß, wo oben und wo unten ist. Diesmal bin ich mir sicher, mich gleich übergeben zu müssen. Mein Gehirn wird gegen meine Schädeldecke gequetscht, so platt gedrückt, dass es durch meinen Gehörgang heraussickern will. Ich presse mir die Hände auf die Ohren, wahrscheinlich schreie ich auch.
Dann falle ich. 

INHALT
Amanda wird an der Peel Academy zu einer Agentin der Regierung ausgebildet und hat fest vor, nach ihrem Abschluss in einem Jahr mit ihrem Freund Abe zum CIA zu gehen. Doch dann kommt alles anders, denn noch in ihrem Junior-Jahr wird sie rekrutiert - und zwar vom Geheimdienst "Annum Guard", der so gar nicht ihren Vorstellungen entspricht, vor allem, da eine Zukunft mit ihrer großen Liebe nun aussichtslos erscheint. Doch das ist bald nicht mehr ihre größte Sorge. Denn die Organisation, bei der sie nun Mitglied ist, führt Zeitreisen durch, um die Vergangenheit zu verbessern. Und als wäre das nicht schon genug, kommt Amanda auch noch einer Verschwörung auf die Spur, die sie in große Gefahr bringt...

MEINE MEINUNG
Meredith McCardle verbindet in ihrem Debüt zwei altbekannte und immer wieder beliebte Aspekte: Zeitreisen und Geheimdienste. Um von letzteren rekrutiert zu werden, besuchen Schüler eine Academy, an der sie ausgebildet und an ihre Grenzen gebracht werden, was durch das Einstiegskapitel rund um einen Testag verdeutlicht wird. Die Zeitreisen funktioniert durch Ketten, Gene und eine Gravitationskammer. Das Prinzip ist hier insgesamt recht kurz und knapp erklärt, weshalb die üblichen Paradoxa auch nicht ausbleiben, ebenso wie auch der Schreibstil einfach gehalten ist und ohne beeindruckende und detailreiche Beschreibungen daherkommt.

Amanda ist die ersten zwei Drittel des Buches eine Protagonistin, die es einem nicht leicht macht - im Gegenteil sogar extrem schwer. Sie suhlt sich nach der Rekrutierung permanent im Selbstmitleid, erkennt keinerlei Autoritäten an, wird schnell aggressiv und reagiert grundsätzlich überstürzt und egoistisch. Zum Glück wird ihr nach vielen Seiten des Leidens ordentlich der Kopf gewaschen, was sie tatsächlich zur Vernunft bringt, und ab diesen Zeitpunkt wird sie die starke Figur, die man sich gewünscht hat. Ihr Freund Abe bleibt aufgrund seines wenigen Aufretens sehr blass, ebenso wie viele der anderen Mitglieder von Annum Guard, die insbesondere durch Misstrauen porträtiert werden. Abgesehen von der Zickigkeit, die fast jeden hier auszeichnet, gelingt es der Autorin aber meistens gut, die Charaktere glaubwürdige Wandlungen durchmachen zu lassen, was insbesondere auf Yellow zutrifft.

Leider ist das große Problem des Romans, dass er, um den Leser in die Geschichte hineinzuziehen, dringend eine Figur zum Identifizieren braucht, um richtig funktionieren zu können - die aber mit der unmöglichen Amanda lange Zeit nicht gegeben ist. So plätschert das Ganze überwiegend so dahin und wird nur in den Momenten spannend, wenn es in die Vergangenheit geht, wo geheime Missionen erfüllt werden müssen. Denn die Suche nach Antworten dreht sich ansonsten komplett im Kreis und kommt nicht voran. Positiv anzumerken ist der wenige Raum, den die Romanze einnimmt, schon allein, weil sich die Liebenden kaum sehen, gleichzeitig ist so zwischen beiden aber auch kaum eine Chemie zu erkennen.

100 Seiten vor Schluss, direkt nach der lang ersehnten Wandlung der Protagonistin, zieht das Tempo dann endlich ordentlich an und es wird richtig spannend. Zwar sind einige Handlungsverläufe und Erkenntnisse reichlich absurd, besonders, weil sie Schlag auf Schlag kommen, andererseits lässt einem das Ganze so aber auch keine Atempause. Der Schluss wäre dann ebenfalls für einen Einzelband geeignet, denn wenn auch nicht alle Fragen komplett geklärt wurden, wirkt das Ende doch wie eines, das man so verschmerzen kann. Sollte die Autorin aber auch in Band 2 so weitermachen wie im letzten Drittel, könnte ein sehr interessanter Nachfolger daraus werden.

FAZIT
"Die achte Wächterin" ist auf den ersten 200 Seiten ein sehr anstrengendes Buch, weil die Protagonistin eine uneinsichtige Egoistin ist, die für den Leser keinerlei Grundlage zur Identifikation bietet - weshalb vieles im Handlungsverlauf auch langweilt. Im letzten Teil des Buches wird es jedoch deutlich spannender durch gute Wendungen, wenn auch ein wenig unglaubwürdig, und so doch auch sehr unterhaltsam. Dafür gibt es von mir dann noch ganz knappe 3,5 Punkte.



Titel: Die achte Wächterin
Originaltitel: The Eighth Guardian
Autor: Meredith McCardle
Übersetzer: Diana Bürgel
Verlag: ivi
Seitenzahl: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3-492-70352-9



  4 Kommentare:

  1. Hm, deine Rezension macht mich nachdenklich. Es klingt anstrengend, aber gleichzeitig bin ich trotzdem ausgesprochen neugierig!
    Ich weiß auch nicht.. schreib' es mal auf die Liste! ;) Wer bremst, verliert. Oder so!
    Schön geschrieben :)

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    Antworten
    1. Also die Protagonistin ist SEHR anstrengend und leider, leider habe ich mehrmals gelesen, dass sie nach ihrer guten Wandlung hier im letzten Drittel im nächsten Band wieder komplett in alte Muster zurückfällt. So eine Ziege :D Und so schade!
      Ich vermute ja, dass es dir ebenso ergehen würde wie mir - aber wenn du unbedingt willst... ;)

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  2. Also ich stehe ja ziemlich auf Zeitreiseromane und hatte auch das Buch kurzzeitig im Auge. Ich muss aber zugeben, dass mich die Goodreadswertung ein klein wenig abgeschreckt hat. Wenn ich so deine Rezension lese, glaube ich, dass mich so einiges gestört hätte. Von daher lieben Dank für deine ehrliche Meinung!

    Liebe Grüße,
    Tina

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    1. Ich kann dich voll verstehen, was deine Abschreckung angeht. Letztendlich ist es an vielen Stellen recht amüsant und besonders im letzten Drittel sehr spannend, aber ich vermute, dass du die Protagonistin hassen würdest und dann auch mich, weil ich dich nicht genug abgehalten habe :D Also lass es lieber. Aber vielleicht kannst du es dir ja mal ausleihen, das mit der Zeitreise ist nämlich eigentlich ziemlich nett gemacht...

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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