[Buchrezension] Girl on the Train - Paula Hawkins
Ich wüsste zu gern, was gestern passiert ist; ich wollte, ich wüsste, was mir leidtun muss. Angestrengt versuche ich, einen flüchtigen Erinnerungsfetzen einzuordnen. Ich habe das bestimmte Gefühl, dass ich einen Streit mit angesehen habe oder darin verwickelt war. Mit Anna? Meine Finger tasten über die Wunde an meinem Kopf, über den Schnitt an meiner Lippe. Beinahe sehe ich die Szene vor mir, beinahe höre ich die Worte, doch das verschwimmt alles wieder. Ich bekomme es einfach nicht zu fassen.
Rachel führt ein trostloses Leben: Alkoholkrank und von der Liebe ihres Lebens verlassen, bleibt ihr nur noch, ihrem Exmann mit seiner neuen Familie hinterherzuspionieren und fremde Menschen auf ihren morgend- und abendlichen Zugfahrten zu beobachten. Insbesondere ein Paar, das nicht weit entfernt wohnt von ihrem früheren Haus, hat es ihr mit der liebevollen Beziehung angetan. Doch eines Tages verschwindet die Frau, Megan - kurz nachdem Rachel sie bei einem Kuss mit einem anderen Mann gesehen hat. Könnte das das Motiv sein? Rachel informiert die Polizei, macht sich dabei allerdings auch selbst verdächtig, denn sie war am Abend des Verschwindens in derselben Straße. Und sie kann sich an nichts erinnern...
MEINE MEINUNG
Paula Hawkins Thriller-Debüt wird üblicherweise direkt mit dem Bestseller "Gone Girl" in einem Zuge genannt - und auch wenn ich Letzteres nur als Film gesehen habe, kann ich den Vergleich durchaus verstehen. Denn ebenso wie das Werk von Gilian Flynn besitzt auch "Girl on the Train" ausnahmslos schwierige und facettenreiche Charaktere, die es einem nicht einfach machen, Sympathien für sie zu entwickeln. Der Schreibstil ist dabei überwiegend ruhig und flüssig zu lesen, erzählt wird die Handlung abwechselnd aus der Sicht der drei weiblichen Protagonistinnen.
Rachel ist seit mehr als zwei Jahren Alkoholikerin, hat mit der Sucht ihre Ehe und auch ihr sonstiges Privatleben kaputt gemacht. So bleibt ihr neben dem Trinken noch das Zugfahren, während dessen sie andere Menschen beobachtet - ein recht trauriges Leben also. Man schwankt bei ihr kontinuierlich zwischen Mitgefühl und Unverständnis wegen ihrer obsessiven Art, letztere bleibt dabei aufgrund ihres Hintergrunds allerdings stets glaubwürdig. Megan, die verschwundene Frau, ist ähnlich kaputt wie Rachel, nachdem sie schon in Jugendjahren ein traumatisches Erlebnis nicht verarbeiten konnte. Sie weckt aufgrund ihrer egozentrischen Art keine Sympathien in einem, bleibt aber immer interessant. Anna, die neue Frau von Rachels Ex, ist dann jedoch diejenige, die in ihrer Paranoia und ihrer Überbehütung des Kindes schrecklich nervt - und gerade so für ganz andere Einblicke sorgt, als man es gewohnt ist. Die übrigen Figuren werden klar und mit einfachen Details gezeichnet, und vor allem Scott und Tom können durch ihre Undurchschaubarkeit punkten.
Der Roman beginnt sehr langsam mit der Einführung in Rachels kaputtes Leben, ihre Gewohnheiten, ihre traurige Vergangenheit und ihre Obsession bezüglich Megan und Scott, die sie ein wenig von ihren Problemen ablenken. Kurz nach dem Verschwinden der Frau zieht das Tempo jedoch bereits deutlich an. Zwar wird mit dem Blackout Rachels ein sehr oft genutztes Stilmittel verwendet, dennoch steuert dies auch einen Teil zur Spannung bei - indem nämlich immer wieder kleine Details und Erinnerungsfetzen hinzu kommen, setzt sich langsam, aber stetig ein richtiges Bild zusammen. Dies führt letztlich dazu, dass Rachel sich entschließt, trotz ihrer Probleme mit der Polizei, bei der sie sich selbst verdächtig gemacht hat, auf eigene Faust zu versuchen, das Mysterium von Megans Verschwinden zu lösen - was selbstverständlich schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht.
Zwischenzeitlich geht es auch immer wieder sowohl um ihre Vergangenheit als auch um die von Megan, wodurch man beide Frauen gut kennen lernt - letztlich so aber auch gut erahnen kann, was nun eigentlich wirklich geschehen ist. Die Hinweise darauf sind größtenteils subtil, lassen sich aber dennoch schon einige Seiten vor der Auflösung miteinander verbinden. Da das Motiv leider relativ wenig ausgeklügelt ist, kann auch an dieser Stelle wenig überraschen; dafür hat die Autorin den Showdown rund um die Konfrontation jedoch sehr gut gelöst. Letztendlich will man diesen vielen kaputten Figuren nicht wieder begegnen, aber es ist sehr erfrischend, einmal ihre Sicht erfahren zu haben.
Der Roman beginnt sehr langsam mit der Einführung in Rachels kaputtes Leben, ihre Gewohnheiten, ihre traurige Vergangenheit und ihre Obsession bezüglich Megan und Scott, die sie ein wenig von ihren Problemen ablenken. Kurz nach dem Verschwinden der Frau zieht das Tempo jedoch bereits deutlich an. Zwar wird mit dem Blackout Rachels ein sehr oft genutztes Stilmittel verwendet, dennoch steuert dies auch einen Teil zur Spannung bei - indem nämlich immer wieder kleine Details und Erinnerungsfetzen hinzu kommen, setzt sich langsam, aber stetig ein richtiges Bild zusammen. Dies führt letztlich dazu, dass Rachel sich entschließt, trotz ihrer Probleme mit der Polizei, bei der sie sich selbst verdächtig gemacht hat, auf eigene Faust zu versuchen, das Mysterium von Megans Verschwinden zu lösen - was selbstverständlich schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht.
Zwischenzeitlich geht es auch immer wieder sowohl um ihre Vergangenheit als auch um die von Megan, wodurch man beide Frauen gut kennen lernt - letztlich so aber auch gut erahnen kann, was nun eigentlich wirklich geschehen ist. Die Hinweise darauf sind größtenteils subtil, lassen sich aber dennoch schon einige Seiten vor der Auflösung miteinander verbinden. Da das Motiv leider relativ wenig ausgeklügelt ist, kann auch an dieser Stelle wenig überraschen; dafür hat die Autorin den Showdown rund um die Konfrontation jedoch sehr gut gelöst. Letztendlich will man diesen vielen kaputten Figuren nicht wieder begegnen, aber es ist sehr erfrischend, einmal ihre Sicht erfahren zu haben.
FAZIT
Paula Hawkins hat mit "Girl on the Train" einen überwiegend ruhigen, aber dennoch sehr fesselnden Thriller rund um Obsession, Liebe, Sucht und Hass geschrieben, der trotz der etwas klischeehaften Einbindung von Erinnerungslücken insbesondere durch die vielschichtigen Charaktere zu überzeugen weiß. Dafür gibt es knappe 4 Punkte.
Paula Hawkins hat mit "Girl on the Train" einen überwiegend ruhigen, aber dennoch sehr fesselnden Thriller rund um Obsession, Liebe, Sucht und Hass geschrieben, der trotz der etwas klischeehaften Einbindung von Erinnerungslücken insbesondere durch die vielschichtigen Charaktere zu überzeugen weiß. Dafür gibt es knappe 4 Punkte.
Titel: Girl on the Train
Originaltitel: The Girl on the Train
Autor: Paula Hawkins
Übersetzer: Christoph Göhler
Verlag: Blanvalet
Verlag: Blanvalet
Seitenzahl: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3-7645-0522-6
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