[Buchrezension] Murder Park - Jonas Winner
"Wir haben auch Erkenntnisse über Verätzungen am Kopf, am Gesicht, innerhalb der Mundhöhle..."
Paul setzte die Brille wieder auf. Sein Blick tastete sich zum neuen Bild auf der Anzeigetafel. Er fühlte, wie sich sein Bauch nach innen wölbte.
"...wichtig gewesen zu sein, dass die Opfer noch lebten, deshalb das Adrenalin", fuhr die Frau fort. "Zugleich aber hatte er es offenbar darauf abgesehen, seine Opfer sozusagen dicht an die Grenze zum Tod heranführen. Zum einen mit den Verätzungen und Injektionen, zum anderen aber auch, indem er Flüssigkeiten aus Tierkadavern entnommen und ihnen verabreicht hat. Und dies offenbar aus keinem anderen Grund, als um sie...in gewisser Weise krank zu machen."
INHALT
Vor 20 Jahren sind im Vergnügungspark Zodiac Island drei junge, alleinerziehende Mütter getötet worden. Als Mörder wurde Jeff Bohner verhaftet und hingerichtet. Nun soll aus der Insel der Murder Park werden - voller Ausstellungsstücke früherer Serienkiller und verbunden mit einem Spiel rund um den mörderischen Nervenkitzel. Der Blogger Paul Greenblatt ist als einer von zwölf Pressevertretern zur ersten Runde des Spiels eingeladen. Doch als bereits nach kurzer Zeit Menschen zu sterben beginnen, scheint es sich in tödlichen Ernst zu verwandeln...
MEINE MEINUNG
Jonas Winners letzten Roman, "Die Zelle", habe ich als intensiven, verstörenden und spannenden Thriller empfunden, der mich lange nicht losgelassen hat. "Murder Park" war dementsprechend natürlich ein Muss - und Geschichten, in denen nach und nach die Anzahl der Personen dezimiert wird, bergen oftmals ein besonderes Spannungspotenzial. Was allerdings nicht aus dem Klappentext hervorgeht, ist, dass der Murder Park sozusagen als Partnerbörse fungieren soll und der gesamte Inhalt daher sehr stark sexualisiert ist - so stark, dass es mir schon bald auf die Nerven ging. Was im letzten Roman noch eine Funktion hatte, wirkt hier nur noch wie ein Mittel zum Zweck.
Paul Greenblatt ist leider außerdem kein besonders sympathischer Protagonist. Er hat eine schwerwiegende Vergangenheit, die ihn verständlicherweise nicht loslässt, dennoch benimmt er sich anderen Personen gegenüber aber sehr seltsam. Gerade bei den Erlebnissen seiner Kindheit ist es verstörend, wie versessen er auf jede Intimität ist und in welch absurden Situationen er an Sex denkt. Die anderen Figuren besitzen dafür allerdings so gut wie gar keine Persönlichkeit und erscheinen regelrecht austauschbar. Es kam nicht selten vor, dass ich nicht mehr wusste, wer nun wer ist und welche Aufgabe wer übernimmt. Die Frauen scheinen sowieso mehr zum Zwecke der sexuellen Erregung dabei zu sein (und sie bieten sich auch bereitwillig an), die Männer sind dafür fast alle extrem aggressiv, was sehr eindimensional wirkt.
Nachdem der Roman relativ langsam beginnt und erst einmal die Ausgangssituation schafft, nimmt er nach circa 100 Seiten stark an Fahrt auf. Die Charaktere sterben wie die Fliegen, wobei allerdings weniger eine bedrohliche Atmosphäre geschaffen als eher ein Gefühl des Ekels hervorgerufen wird. Interessant sind die zwischengeschobenen Interviews mit jeder der Figuren, wobei es mir jedoch sehr unglaubwürdig erschien, wie bereitwillig diese ihre intimsten Geheimnisse offen legen - insbesondere auch hier wieder, was ihr Sexualleben angeht. Zum Ende hin ergeben einige vorherigen Details im Zuge der Auflösung durchaus Sinn, das Motiv des wahren Mörders auf der Insel ist aber eher an den Haaren herbeigezogen, da er sich durch seine Taten nur selbst in Gefahr bringt. Der Schluss ging mir viel zu schnell und hatte auch weniger mit Ermittlung und Hinweisen zu tun, als viel mehr mit Zufällen, sodass das Ganze nie wirklich realistisch wirkt.
FAZIT
Wo der letzte Roman von Jonas Winner mich fesseln und schockieren konnte, hat mich "Murder Park" leider ziemlich enttäuscht. Die Geschichte ist viel zu stark und unnötig sexualisiert, und die Entwicklungen sind eher unrealistisch. Besonders zum Ende hin wurde es mir leider deutlich zu abstrus. Eher nicht mein Buch. 2 Punkte.
Titel: Murder Park
Originaltitel: -
Reihe: Nein
Autor: Jonas Winner
Übersetzer: -
Verlag: Heyne
Seitenzahl: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-42176-9
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