[Buchrezension] Für immer ist die längste Zeit - Abby Fabiaschi
Ich räuspere mich. "Weißt du, Eve, man sagt, die Zeit, die wir jetzt gerade durchmachen, nach der Beerdigung, wenn alle anderen weitergegangen sind, das ist die schwerste Zeit der Trauer."
"Ja, ach, ich finde, das ist kompletter Blödsinn", antwortet sie. Als ich auflache, fasst sie den Mut, weiterzusprechen. "Jeder Tag ist anders beschissen. Es wird nie aufhören."
Ich weiß nicht, ob es das Richtige ist, aber ich nicke zustimmend. Wie kann ich so tun, als hätte all das auch positive Seiten? Einzuräumen, dass alles beschissen ist, ist schon mal ein Fortschritt, denn immerhin sind wir uns einig.
INHALT
Die liebende Ehefrau und Mutter Maddy ist tot - vollkommen überraschend, womit sie ihre mitten in der Pubertät steckende Tochter und ihren immer zu viel arbeitenden Mann in eine tiefe Krise stürzt. Und dabei muss sie auch noch zusehen, denn sie ist nicht in den Himmel gelangt, sondern schwebt über der Welt. Ist das das Fegefeuer? Mitansehen zu müssen, wie sich ihre Familie gegenseitig zerfleischt, weil beide das Gefühl haben, mehr hätten tun zu können? Doch sie besitzt ein wenig Einfluss, wie sie feststellt. Und so beschließt sie, ihrem Mann eine neue Frau zu suchen und die Familie dadurch wieder zu kitten...
MEINE MEINUNG
Tod, Verlust, Trauer und Vergebung - wichtige Themen, die die Menschen beschäftigen und immer wieder gern in Büchern aufgegriffen werden. Auch Abby Fabiaschi macht sich in "Für immer ist die längste Zeit" daran, diesen emotionalen Regungen nachzugehen. Sie erzählt ihre Geschichte aus drei Perspektiven: Die der toten Maddy, die ihrer Tochter Eve und die ihres Mannes Brady. Insbesondere die ersten beiden sind sich aber extrem ähnlich, was nach einer Pause beim Lesen schnell zur Verwirrung führen kann. Der Schreibstil ist dafür jedoch sehr angenehm und ruhig, durchsetzt von spritzigen Dialogen und schönen Beschreibungen.
Die drei Protagonisten sind einem größtenteils sehr sympathisch und vor allem ihre jeweilige Trauer - individuell ausgelebt - wird sehr realistisch dargestellt. Maddy vermisst ihre Familie, tut aber alles, um diese wieder auf den rechten Weg zu bringen. Eve ist ein zickiger Teenager und muss erst entdecken, was alles in ihr steckt. Und Brady will sich ein neues Ziel setzen, um seine Wutanfälle besser kontrollieren zu können. Besonders letzterer macht eine intensive Wandlung durch, die mir gut gefallen hat. Am spritzigsten und spannendsten ist aber dennoch Rory, die Frau, die Maddy als neue Ehefrau auserkoren hat, und die sich diesem Plan doch irgendwie recht stark widersetzt. Sie ist eine leidenschaftliche, humorvolle Person, die man nur ins Herz schließen kann.
Die ersten 100 Seiten sind beeindruckend sensibel und realistisch geschrieben: Die Hinterbliebenen leben aneinander vorbei, beide mit ihren eigenen Sorgen und Schuldgefühlen beschäftigt, während Maddy im Jenseits (oder kurz davor) alles daran setzt, ihre Familie wieder glücklich zu sehen. Danach tritt das Ganze aber erst einmal auf der Stelle, niemand kommt so recht voran und bis die von Maddy auserkorene Frau mal in das Leben von Kind und Mann tritt, sind etwa 150 Seiten vergangen. Zudem will die Autorin unbedingt bis zum Ende ein Geheimnis aus den Umständen des Todes machen, was seltsam ist, wo doch die Verstorbene selbst aus der Ich-Perspektive erzählt und ganz leicht Licht ins Dunkel bringen könnte. So wirkt das Ende, obwohl es einige tolle Weiterentwicklungen der Figuren gibt, relativ gehetzt und auch nicht ganz nachvollziehbar - insbesondere der Epilog, in dem noch einmal alte Figuren ausgegraben werden. Eine Kürzung im Mittelteil und dafür ein verlängerter Schluss hätten dem Ganzen wahrscheinlich gut getan.
FAZIT
Abby Fabiaschi geht mit dem Thema Tod und Trauerbewältigung weitestgehend sensibel und realistisch um und die Entwicklung der Figuren ist schön mitanzusehen. Die zweite Hälfte weist aber Längen auf und die Heimlichtuerei um den Tod der Protagonistin ist anstrengend. Da hatte ich mir doch ein durchdachteres Ende erhofft. Letztendlich also gute 3 Punkte.
Abby Fabiaschi geht mit dem Thema Tod und Trauerbewältigung weitestgehend sensibel und realistisch um und die Entwicklung der Figuren ist schön mitanzusehen. Die zweite Hälfte weist aber Längen auf und die Heimlichtuerei um den Tod der Protagonistin ist anstrengend. Da hatte ich mir doch ein durchdachteres Ende erhofft. Letztendlich also gute 3 Punkte.
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