[Buchrezension] Bernsteinstaub - Mechthild Gläser
Meine Hand schloss sich um den schmalen Glaskolben. Dann schob ich langsam einen Fuß vor den anderen. Der Sog wurde mit jedem Schritt stärker. Der Staub zerrte an meinen Hosenbeinen, schon bald konnte ich mich kaum noch aufrecht halten. Ich erreichte die Dachkante, jedenfalls vermutete ich das, weil ich mit einem Mal nichts mehr unter meinen Zehen spürte. Und der Strom drängte mich weiter voran. Für einen Augenblick ruderte ich noch mit den Armen in der Luft, versuchte, das Gleichgewicht zu halten, dann kippte ich vornüber.
Die Welt um mich herum verwandelte sich in nichts als Staub. Graue Schlieren waren alles, was ich sah. Alles, was ich fühlte. Alles, was ich atmete.
Die Welt um mich herum verwandelte sich in nichts als Staub. Graue Schlieren waren alles, was ich sah. Alles, was ich fühlte. Alles, was ich atmete.
Die 16-jährige Ophelia hatte schon immer die Vermutung, dass sie mit einem Verspätungs-Fluch belegt ist - wie sonst kann es sein, dass sie sich immer rechtzeitig auf den Weg macht, aber nie pünktlich ankommt? Als sie plötzlich sich fortbewegenden Staub wahrnimmt und kurz darauf von ihrer Mutter zur Verwandschaft in Paris geschickt wird, zeigt sich, dass sie so falsch gar nicht lag: Denn sie besitzt die Fähigkeit, die Zeit zu sehen und auch zu manipulieren. Doch bevor sie die Gelegenheit hat, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen, wird sie schon auf eine gefährliche Mission geschickt - denn überall auf der Welt spielt die Zeit verrückt, und gemeinsam mit drei anderen Begabten soll sie versuchen, das Problem zu lösen...
MEINE MEINUNG
Mechthild Gläser ist seit gut sechs Jahren sehr erfolgreich im Geschäft, konnte Leser sowohl mit ihren Buchspringern als auch mit ihrer Stadt aus Trug und Schatten begeistern. "Bernsteinstaub" sollte nun endlich auch mein erstes Buch von ihr werden - wenn es um das Manipulieren von Zeit geht, bin ich definitiv dabei. Erzählt wird die Geschichte größtenteils aus der Ich-Perspektive der Protagonistin, nur zwischenzeitlich unterbrochen von Abschnitten aus der Sicht des geheimnisvollen Leander. Der Schreibstil weiß besonders in den Beschreibungen zu begeistern, die wunderbar detailreich und voller schöner Details sind, und ist ansonsten angenehm frisch, ohne zu jugendlich zu wirken.
Obwohl Ophelia erst 16 Jahre als ist, konnte ich mich mit ihr überraschend gut identifizieren. Natürlich muss sie sich mit ihren neuen Fähigkeiten erst einmal arrangieren und anfangs fällt es ihr schwer, zu glauben, was sie sieht. Das legt sich aber bald und sie sträubt sich nicht anstrengend lang gegen alles, was passiert. Das bleibt allerdings nicht den ganzen Roman über so - leider entwickelt sie kurz vor Ende noch einmal die seltsame Anwandlung, den einfachsten Hinweisen nicht zu folgen, was ein wenig anstrengend zu lesen ist. Leander, der gutaussehende und zurückhaltende Junge, der Ophelia begleitet, ist anfangs schwer zu durchschauen und - wie sollte es anders sein - distanziert, dafür gibt es allerdings hier eine sehr glaubwürdige Erklärung. Man merkt schnell, dass ihm Ophelia sehr am Herzen liegt: So viel, dass er für sie sehr viel aufgeben würde, was ihn zu einer sympathischen Figur macht. Die Nebencharaktere sind alle sehr individuell und trotz der Fülle gut auseinander zu halten, in ihrer Skurrilität erscheinen sie teilweise aber auch ein wenig übertrieben.
Die Idee aber mochte ich von Anfang bis Ende: Nicht nur, dass die Charaktere die Zeit manipulieren können und in einem Turnier gegeneinander antreten müssen, es geht außerdem auch um den Tod von Ophelias Vater, der ihr doch sehr mysteriös erscheint. Schade fand ich, dass andere Personen ihr grundsätzlich nicht glauben wollen, weil sie ihre Beobachtungen zu abwegig finden - gerade, wo sie doch alle die Zeit anhalten oder sogar vorspulen können. Und einige Probleme, die die Protagonistin zu bewältigen hat, werden doch deutlich zu einfach gelöst. Davon abgesehen erwartet einen aber eine spannende Geschichte fast ohne Längen und mit einer kleinen Romanze, die sich sehr angenehm im Hintergrund hält. Zum Ende überschlagen sich die Ereignisse und es wird noch einmal sehr interessant, ohne großartig ins Abstruse abzudriften - aber auch ohne großartige Überraschungen. Für jüngere Leser könnten die Wendungen allerdings vielleicht unerwarteter kommen.
Obwohl Ophelia erst 16 Jahre als ist, konnte ich mich mit ihr überraschend gut identifizieren. Natürlich muss sie sich mit ihren neuen Fähigkeiten erst einmal arrangieren und anfangs fällt es ihr schwer, zu glauben, was sie sieht. Das legt sich aber bald und sie sträubt sich nicht anstrengend lang gegen alles, was passiert. Das bleibt allerdings nicht den ganzen Roman über so - leider entwickelt sie kurz vor Ende noch einmal die seltsame Anwandlung, den einfachsten Hinweisen nicht zu folgen, was ein wenig anstrengend zu lesen ist. Leander, der gutaussehende und zurückhaltende Junge, der Ophelia begleitet, ist anfangs schwer zu durchschauen und - wie sollte es anders sein - distanziert, dafür gibt es allerdings hier eine sehr glaubwürdige Erklärung. Man merkt schnell, dass ihm Ophelia sehr am Herzen liegt: So viel, dass er für sie sehr viel aufgeben würde, was ihn zu einer sympathischen Figur macht. Die Nebencharaktere sind alle sehr individuell und trotz der Fülle gut auseinander zu halten, in ihrer Skurrilität erscheinen sie teilweise aber auch ein wenig übertrieben.
Die Idee aber mochte ich von Anfang bis Ende: Nicht nur, dass die Charaktere die Zeit manipulieren können und in einem Turnier gegeneinander antreten müssen, es geht außerdem auch um den Tod von Ophelias Vater, der ihr doch sehr mysteriös erscheint. Schade fand ich, dass andere Personen ihr grundsätzlich nicht glauben wollen, weil sie ihre Beobachtungen zu abwegig finden - gerade, wo sie doch alle die Zeit anhalten oder sogar vorspulen können. Und einige Probleme, die die Protagonistin zu bewältigen hat, werden doch deutlich zu einfach gelöst. Davon abgesehen erwartet einen aber eine spannende Geschichte fast ohne Längen und mit einer kleinen Romanze, die sich sehr angenehm im Hintergrund hält. Zum Ende überschlagen sich die Ereignisse und es wird noch einmal sehr interessant, ohne großartig ins Abstruse abzudriften - aber auch ohne großartige Überraschungen. Für jüngere Leser könnten die Wendungen allerdings vielleicht unerwarteter kommen.
FAZIT
Mechthild Gläsers "Bernsteinstaub" besitzt nicht nur ein tolles Cover, sondern auch eine interessante Geschichte, die von den originellen Ideen und einer überwiegend glaubwürdig handelnden Protagonistin lebt. Einige Schwierigkeiten werden etwas zu einfach überwunden und es hätte durchaus mehr Überraschungen geben dürfen, aber trotzdem bietet der Roman einige nette Lesestunden. 3,5 Punkte.
0 Kommentar/e:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich über jeden Kommentar!
Für die erforderliche Zuordnung des Kommentars werden personenbezogene Daten gespeichert, nämlich Name, E-Mail und IP-Adresse. Durch Absenden des Kommentars erklärst du dich hiermit einverstanden. Mehr dazu und zum allgemeinen Datenschutz findest du in meiner Datenschutzerklärung.