Back Down to Earth


[Serienrezension] Maniac


"Was denken Sie stimmt nicht mit Ihnen?" - "Ich bin krank. Und ich bin nichts wert."


STORY
Annie wird seit einigen Jahren von Erinnerungen an ihre jüngere Schwester gequält, die nach einem Streit ums Leben kam, und vergräbt sich in ihrer Depression, die sie mithilfe von illegalen Pillen in vollen Zügen auslebt. Owen ist Sohn eines Moguls, wird allerdings aufgrund schizophrener Züge von der Familie geächtet - und nimmt seine verschriebenen Tabletten nicht. Beide gelangen auf Umwegen in eine Medikamentenstudie, die ihnen verspricht, sie von allem Leid zu befreien. Doch das Gerät, das das Ganze kontrolliert, beginnt bald verrückt zu spielen. Und das wird für die beiden zur echten Gefahr.

MEINE MEINUNG
Lange ist es her, dass Jonah Hill und Emma Stone zusammen gearbeitet haben - zuletzt waren sie gemeinsam in "Superbad" zu sehen, dieser schrulligen, abgedrehten Komödie. Abgedreht ist ein Wort, das einem auch zu "Maniac" einfällt, der Serie von "True Detective"-Regisseur Cary Joji Fukunaga, der auch am Drehbuch mitschrieb. Von Anfang an ist die Welt, in der sie spielt, schwer einzuordnen: Einerseits arbeiten die Menschen noch mit Computern wie von vor zwanzig Jahren und Smartphones gibt es nicht, andererseits lassen sich Essen und Reisen über sogenannte AdBuddies finanzieren und Wissenschaftler haben eine beeindruckende Künstliche Intelligenz erschaffen, wie es sie bei uns nicht gibt. Das ist erst einmal sehr irritierend, schafft aber auch einen total spannenden Retro-Sci-Fi-Vibe.

In diesem finden sich Annie und Owen wieder - insbesondere erstere brillant gespielt von Emma Stone, die wieder einmal verdeutlicht, warum ich mir quasi alles von ihr anschaue. Sie hat nicht nur eine großartige Ausstrahlung, sie lässt den Zuschauer am Schmerz über den Tod ihrer Schwester auch so intensiv teilhaben, dass man sich ihm nicht mehr entziehen kann. Ihr Gegenpart Owen leidet an Schizophrenie und wird deswegen seit Jahren von seiner Familie ausgenutzt und regelrecht verleugnet. Daher hat Jonah Hill in den ersten Folgen auch eher wenig mehr zu tun als verstört zu gucken. Erst als die Handlung voranschreitet und die beiden andere Rollen annehmen, darf er zeigen, was in ihm steckt. Besonders großartig aber auch: Sonoya Mizuno und Justin Theroux als Wissenschaftler der Studie, Sally Field als Mutter des letzteren, eine Pop-Therapeutin, die vor allem an sich selbst interessiert ist. Die Figuren haben alle ihre eigene Geschichte, und ob sie nun gut sind oder nicht, faszinierend sind sie allemal.

Annie und Owen in einer der Seelenlandschaften
Anders als bei vielen anderen Netflix-Serien braucht "Maniac" keine allzu lange Vorlaufzeit, um einen vollkommen in den Bann zu ziehen. Zugegeben: Der Streaming-Gigant hat die Serie auch nur von Paramount TV und Anonymous Content gekauft und nicht selbst produziert, das könnte also ein Grund sein. Trotzdem ist es erfrischend, nach der ersten Folge mit der Charakterexposition danach so schnell in das eigentliche Geschehen einzusteigen. Und als die beiden Hauptcharaktere dann ihre erste Reise in ihre Seelenlandschaft antreten - und sich dabei ungeplant erneut begegnen -, wird es wirklich spannend. Es ist überraschend, was für eine platonische wunderbare Chemie sich zwischen den beiden entwickelt, auch wenn Stone eher laut und Hill eher leise spielt. Neben den Themen Verlust und Sucht spielt auch die Familie eine große Rolle: Ob nun positiv (wenn auch traurig), wie in Annies Fall, negativ und voller Schuldgefühle wie bei Owen oder besitzergreifend und destruktiv wie bei Theroux' Wissenschaftler. Die Serie ist an manchen Stellen durchaus absurd und zum Schluss folgt eine relativ unglaubwürdige Fluchtszene, davon abgesehen ist aber der Gedanke, dass sich diese vollkommen unterschiedlichen Menschen gefunden haben, ein schöner.

FAZIT 
Ich glaube nicht, dass ich schon einmal etwas mit Emma Stone gesehen habe, das mir nicht gefallen hat - und genauso verhält es sich auch mit "Maniac", einer skurrilen Serie mit sehr besonderen Persönlichkeiten, einer Retro-futuristischen Welt und einer Thematik rund um Depression, Familie und Vergebung. Lässt man sich drauf ein, erwartet einen ein buntes und aufregendes Spektakel. 4,5 Punkte.


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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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